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Mit Tula & Tim "Stark fürs Leben" und die Grundschule

Mit Tula & Tim "Stark fürs Leben" und die Grundschule

Aachener Zeitung v.08.02.2013 - von Danielle Schippers

Kita-Plus

Übach-Palenberg. In den nächsten Monaten werden sich alle Kindergartenkinder in Übach-Palenberg, die vier und fünf Jahre alt sind, mit den Handpuppen Tula und Tim und ihren Erzieherinnen über spielerische Aufgaben auf den oft schwierigen Übergang in die Schule vorbereiten. „Kita plus“, so der Kurzbegriff für das Projekt, gehört zu den Förderprogrammen, die der Lions Club aufgelegt hat.

Das gleiche Projekt haben schon fast alle Kitas in Geilenkirchen im vorigen Jahr mit Erfolg durchlaufen. Finanziert wird das lokale Programm vom Lions Club Übach-Palenberg/Geilenkirchen. „Kindergarten plus“ ist zusammen mit „Klasse 2000“ (für die Grundschule) und „Lions Quest“ (für weiterführende Schulen) ein Teil des Jugendbildungsprogramms der Deutschen Lions und steht unter dem Motto „Stark fürs Leben“. Schirmherrin ist die Bundesdrogenbeauftragte.

Langfristiges Ziel ist es, durch Stärkung der emotionalen und sozialen Kompetenzen Gewalt und Sucht nachhaltig vorzubeugen. Das Programm hat ein erfahrener Verein entwickelt: die „Deutsche Liga für das Kind“, Prof. Dr. Jörg Maywald ist dort Geschäftsführer.

Jeweils zwei Erzieherinnen aus den zehn Kitas in Übach-Palenberg wurden von Prof. Maywald geschult, die altersgerechten Spiele und Materialien sinnvoll einzusetzen. Gastgeber war der AWO-Kindergarten in Boscheln. Beim zweitägigen Lehrgang konnten sich die Erzieherinnen gezielt vorbereiten, weil hinter dem, was die Kinder eher als spielerisches Lernen wahrnehmen, ein ausgeklügeltes pädagogisches Konzept steht.

Das Motto des Programms lautet „Klug sein genügt nicht“. Dieses Konzept basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Neurobiologie und Humanwissenschaften, das vor allem in der frühen Kindheit jedem geistigen ein emotionaler Entwicklungsschritt vorausgeht. Das heißt, dass es besonders beim Übergang in die Grundschule für viele Kinder wichtig ist, neben dem vorausgesetzten Wissen auch emotional und sozial fit zu sein.

Das Ziel des umfangreichen Programms lautet, die Persönlichkeit der Kinder zu stärken. Oft ist Eltern und Lehrern nicht bewusst, welche hohen sozialen und emotionalen Hürden Kinder überwinden müssen, wenn sie in die Schule kommen. „Kindergarten plus“ soll ihnen dabei helfen, Konflikte einfacher zu lösen, ihre Beziehungsfähigkeit zu verbessern, sich selber zu hinterfragen und zu verstehen, wie sie auf andere wirken.

Die Kinder sollen auch lernen, ihre Gefühle auszudrücken, und beispielsweise Probleme, welcher Art auch immer, zu erkennen und zu äußern und so auch ihr Selbstwertgefühl zu steigern.

Melanie Blaszkiewicz, Erzieherin in der Kita Boscheln, sieht dort den Schwerpunkt ihrer Arbeit: „Es ist für die Kinder in dem Alter schon sehr wichtig, schwere Situationen als solche zu erkennen und trotzdem richtig handeln zu können.“

In einer Übung bauen die Kinder mit den Betreuern zum Beispiel eine Höhle, in der sie „Angsthase“ sein dürfen. So sollen sie verstehen, was ihnen Angst macht und was ihnen in solchen Situationen helfen kann.

Ihre Erfahrungen können die Kinder dann in einem „Ich-Heft“ festhalten, und jederzeit noch einmal anschauen. Jörg Maywald erklärt: „Wir sind trotz unsere Erfahrung oft erstaunt, wie Kinder durch diese Übungen Themen verarbeiten. Ein Thema, das immer wieder aufkommt ist, wie sie sich verhalten können, wenn sich ihre Eltern streiten.“

Damit jedes Kind optimal gefördert wird, werden Gruppen von höchsten zwölf Kindern gebildet. Wichtig ist auch, dass die Übungen und Spiele von einer Erzieherin vorgenommen werden, die normalerweise mit den Kindern in der jeweiligen Gruppe keine feste Bindung hat, und die Betreuerin, die die Gruppe normalerweise leitet, sich eher zurückhält und beobachtet, wie die Kinder sich verhalten.

Die Kinder werden von den zwei Handpuppen – Tula und Tim – durch die Module begleitet. Die Betreuerin in der Boschelner Kita, Simone Distler, dazu: „Puppen sind immer attraktiv für Kinder. So nehmen sie die Lektionen anders wahr, wenn wir nicht als Erwachsene etwas erzählen, sondern die kleinen neutralen Puppen.“

Es gibt neun Bausteine bzw. Module, in denen es um unter anderem um die Themen Körper, Sinne, Gefühle, Konflikte oder Grenzen geht. Mittels kreativer Methoden leiten die Erzieherinnen die Kinder an, sich in und mit Liedern, Spielen und Gesprächen auszudrücken, sich wahrzunehmen und Konflikte zu lösen.

Seit sechs Jahren wird das Programm umgesetzt, fast 1500 Einrichtungen werden von der „Deutschen Liga für das Kind“ mit diesem Programm betreut. Die anschließende Bewertung zeigt auch Stellen, an denen Verbesserungen sinnvoll sind. Daher wurden dieses Jahr einige Neuerungen eingeführt.

Jetzt werden auch die Eltern noch mehr einbezogen. Neben Elternabenden und neuerdings Infomaterialien in acht Sprachen, erhalten die Kinder beispielsweise ein Gefühlsmemory und Türanhänger, mit denen sie sich ihren Eltern mitteilen können, wie ihre Stimmung ist. Jede Woche gibt es Sitzungen für die Kinder, insgesamt dauert die aktive Phase etwa drei Monate.

Daniela Kranz, stellvertretende Leiterin der Kita, sieht vor allem, dass sich die Realisierung sehr gut in den Alltag in der Kita einfügt. „Wir denken, das Programm lässt sich gut mit unseren alltäglichen Aufgaben vereinen und kann unsere Arbeit nur bereichern.“

Dr. Theo Owczarski, Präsident des hiesigen Lions Club, findet das sehr wichtig: „Ich denke auch, die Kinder sollten das Programm nicht als solches wahrnehmen, sondern es sollte gut in ihren Kita-Alltag eingearbeitet sein.“

Am Ende eines jeden Moduls dürfen sich die Kinder eine Perle für ihre Kette aussuchen, die sie als Erinnerung bekommen. Erinnerung ist nämlich für den langfristigen Erfolg solcher Programme sehr wichtig.

Jörg Maywald weiß aus den Auswertungen in anderen Kitas: „Die Kinder sind nach dem Programm fit. Aber fragt man sie ein Jahr später, haben sie vieles vergessen. Um die Nachhaltigkeit zu verbessern, wiederholen die Erzieherinnen Übungen kurz bevor die Kinder wirklich den Kindergarten verlassen.“

Dafür stellt das Programm dann die Materialien wieder zur Verfügung.

 

Mit kleinen Puppen zum großen Ziel, erläutert von
(v.l.) Olaf Vollert (Koordinator der Bildungskompetenz-Programme im Lions Club),
Melanie Blaszkiewicz (Erzieherin Kita Boscheln),
Prof. Dr. Jörg Maywald (Geschäftsführer Verein „Deutsche Liga für das Kind“),
Simone Distler (Erzieherin Kita Boscheln)
und Dr. Theo Owczarski (Präsident des Lions Club Übach-Palenberg/Geilenkirchen).